Journée d’étude. Hellenistische Geschichte

Organisatoren
Andrea Binsfeld, Université du Luxembourg; Patrick Reinard, Universität Trier; Christian Rollinger, Universität Trier
PLZ
54296
Ort
Trier
Land
Deutschland
Fand statt
In Präsenz
Vom - Bis
18.10.2023 - 19.10.2023
Von
Sarah Thillen, Alte Geschichte, Universität Trier

Im Fokus der Studientage standen Forschungsberichte aus aktuellen Projekten zur hellenistischen Geschichte, die an den verschiedenen Universitäten der Großregion (SaarLorLux und Rheinland-Pfalz) durchgeführt werden. Eröffnet wurde das Treffen durch eine kurze Begrüßung von Eva Eckkrammer; Präsidentin der Universität Trier, die den trinationalen Charakter besonders hervorhob, da Forschende aus der deutsch-französischen Großregion eingeladen waren. Anschließend erläuterten die Veranstalter kurz das thematische Feld der Tagung, bevor sich während der table ronde die einzelnen Institute der Großregion vorstellten und einen Einblick in laufende Forschungen gaben.

Den Eröffnungsvortrag der Journée d’étude hielt LAETITIA GRASLIN THOMÉ (Nancy). Sie ging der Frage nach, inwiefern die Bevölkerung Babylons und Babyloniens die Historiographie Alexanders III. und seiner Nachfolger beeinflusste. Anhand des Beispiels des Einzugs Alexanders des Großen in Babylon betonte Graslin Thomé die Bedeutung keilschriftlicher Quellen als Ergänzung der griechisch-römischen Überlieferung.

ALTAY COŞKUN (Waterloo) referierte anschließend über die unter der Herrschaft des Seleukidenkönigs Antiochos' IV. Epiphanes veranstaltete Prozession in Daphne im Jahre 166 vor Christus. Er beschäftigte sich mit der Frage nach den ethnischen Identitäten der aufgeführten Armee-Einheiten und untersuchte zudem, wie dies in den hellenistischen Kontext passe.

FLORIAN FEIL (Trier) sprach über das frührömische Same auf Kephallenia. Sein Vortrag verband erstmals literarische, archäologische und epigraphische Quellen zur Geschichte der Siedlung im frühen 2. Jahrhundert vor Christus. Aufgrund onomastischer Belege in der inschriftlichen Evidenz postuliert Feil, dass die Stadt Same als griechische Polis nach 188 vor Christus weiterfunktionierte, ihre Einwohnerschaft aber vor allem aus Italikern wie M. Cornelius bestand, welche entweder Teil einer Garnison oder besonders geschützte Zivilisten aus Italien waren, die sich privat in Same ansiedelten.

Den zweiten Tag der Journée d'étude eröffnete zunächst ANNIKA MAYER (Trier), die zu Aspekten der Legitimation des hellenistischen Kindkönigtums – konkret am Beispiel Ptolemaios' V. – forscht. Die Notwendigkeit einer differenzierenden und auf den Einzelfall bezogenen Betrachtung betonend widmete sich Mayer unter anderem der Frage, warum Kindkönige wie Ptolemaios V. nicht einfach ersetzt wurden. Man müsse, so schlussfolgert sie, herausarbeiten, welche Legitimationsstrategien sich an welchen Teil der Bevölkerung richteten sowie wie und in welchen Medien die Vormünder des Kindkönigs versuchten, ihn zu legitimieren.

Einen ähnlichen Kontext sprach der Vortrag von STEFAN PFEIFFER (Halle) zum Bankes-Obelisk von Philae an, der als Beispiel für unterschiedliche Repräsentationen des ptolemäischen Königsideals diente. Bezüglich der Fragen der Adressaten beziehungsweise Rezipienten untersuchte er, welches Herrscherideal aus griechischen Inschriften wie jener des Bankes-Obelisken herauszulesen sei, wobei er auch die Bedeutung des Aufstellungsortes im dromos des Tempels betonte, die er analog zur agora einer polis deutete.

CHRISTOPHE SCHOETTER (Trier) beschäftigte sich mit der in der Forschung kontrovers diskutierten Ausprägung der rhodischen „Seeherrschaft“ in frühhellenistischer Zeit. Ausgehend von den Thesen des amerikanischen Marineoffiziers Alfred Thayer Mahan verwies er besonders auf die hohe Anzahl der rhodischen Flottenstützpunkte und deren besondere Bedeutung für Rhodos' Leistungsfähigkeit zur See.

CHRISTIANE BRAUN (Trier) untersuchte anhand epigraphischer Quellen die Verwaltung des makedonisch königlichen Landes in hellenistischer Zeit. Dabei beleuchtete sie unter den unterschiedlichen, in den Inschriften belegten Bezeichnungen vor allem das Amt des oikonomos sowie dessen Tätigkeit in wirtschaftlichen und finanziellen Kontexten, welche sich aufgrund der fragmentarischen Zeugnisse freilich nicht immer zweifelsfrei zuordnen lasse.

CHRISTIAN ROLLINGER (Trier) benutzte das Beispiel des Demetrios Poliorketes, um grundlegende Überlegungen zur Gestalt des Königtums nach Alexander anzustellen, indem er nach einer Rückschau über die bisherigen Forschungszugänge ein neues Interpretamen hellenistischer Königsherrschaft präsentierte. Dabei erläuterte er die Vorteile eines von der assemblage theory nach Manuel DeLanda ausgehenden Zugriffs und fragte anschließend danach, ob sich überhaupt eine idealtypische hellenistische Monarchie definieren lasse.

FRANK DAUBNER (Trier) widmete sich den Latinern im hellenistischen Griechenland und begab sich auf eine literarisch-epigraphische Spurensuche. Er untersuchte, ob und wie sich aus dem vorhandenen Material eine kulturelle Identität der Latiner herausarbeiten lasse. Mittels einer onomastischen Analyse der Gentilizien ergebe sich laut Daubner vor allem der Beleg für Handel.

Anschließend referierte REBECCA KREßNER (Trier) über Großfamilien als Akteure in Wirtschaft und Gesellschaft der östlichen Adriaküste in hellenistischer Zeit. Am Beispiel lateinischer Inschriften aus dem Gebiet der Völkerschaft der Liburner (Provinz Dalmatia) widmete sie sich der Untersuchung von Familienverhältnissen und verwies darauf, nicht nur die (statistische) Trennung in Kern- und erweiterten Familien zu berücksichtigen, sondern dass auch die Muster der Familien (Heirats-, Residenz-, Namensvergabemuster) zu beleuchten seien, was besonders bei erweiterten Familien sichtbar gemacht werden könne.

In einem philologisch orientierten Beitrag konzentrierte sich DIEGO DE BRASI (Trier) auf Epigramme, Lehrdichtung und Ironiesignale in den Oionoskopika des Poseidipp von Pella (2./1. Jahrhundert vor Christus). Sein Ansatz bestand in der Unterscheidung und späteren Zusammenführung von drei Aspekten, nämlich der unterschiedlichen Pragmatik der einzelnen Epigramme, einem ironischen Unterton sowie dem philosophischen und literarischen Kontext. Zudem müsse herausgearbeitet werden, was Poseidipp mit dem Verfassen solcher Gedichte bezweckte.

Abschließend stellte PATRICK REINARD (Trier) Überlegungen zum angeblichen Fluchtplan der Kleopatra nach Indien aus papyrologischer Sicht an. Dabei betonte er zunächst, dass eine direkte papyrologische Überlieferung nicht existiert, der größere Kontext der papyrologischen Quellen zur geographisch-maritimen Situation Alexandriens und Ägyptens zum Beispiel bei der Frage nach der Glaubwürdigkeit angeblicher Fluchtpläne nach Gallien oder Spanien aber gewinnbringend herangezogen werden könne.

In den Pausen bestand jeweils die Möglichkeit, ausgewählte Exponate der Ausstellung „Spätantike Münzen und Papyri. Zeugnisse aus Sammlungen der Universität Trier“, die von den Fächern Alte Geschichte und Papyrologie erarbeitet wurden, zu besichtigen. Der Studientag zeigte eindrücklich die Vielzahl der in der Großregion verfolgten Ansätze zur Erforschung des Hellenismus und bot Platz für intensive Diskussionen. Die präsentierten Werkstattberichte repräsentierten Abschlussarbeiten auf dem MA-Level, Promotionsvorhaben, PostDoc-Projekte sowie langjährige Arbeitsschwerpunkte an den beteiligten Institutionen und lieferten beredtes Zeugnis des Forschungspotentials der Großregion. Die Tradition der Althistorikertreffen der Großregion soll auch in den kommenden Jahren weitergeführt werden.

Konferenzübersicht:

Christian Rollinger (Trier): Begrüßung

Eva Eckkrammer (Trier): Grußwort

Andrea Binsfeld (Luxemburg): Eröffnung der Tagung

Moderation: Andrea Binsfeld (Luxemburg)

Table ronde der Großregion: Christophe Feyel (Nancy), Laetitia Graslin Thomé (Nancy), Andrea Binsfeld (Luxemburg), Timo Klär, Lucia Schwerdt, Julian Kaltwasser (alle Saarbrücken), Frank Daubner, Christian Rollinger, Patrick Reinard, Diego de Brasi (alle Trier) und andere

Laetitia Graslin Thomé (Nancy): L'attitude de la population babylonienne vis-à-vis des Séleucides

Altay Coşkun (Waterloo): The Procession of Daphne (166 BCE) and Malleable Ethnic Identities under the “God Manifest” Antiochos IV

Florian Feil (Trier): Die frühen Römer im kephallenischen Same

Moderation: Christian Rollinger (Trier)

Annika Mayer (Trier): Aspekte der Legitimation des hellenistischen Kindkönigtums

Stefan Pfeiffer (Halle): In Stein gemeißelter Dialog: Der Bankes-Obelisk von Philae als Beispiel für unterschiedliche Repräsentationen des ptolemäischen Königsideals

Christophe Schoetter (Trier): Rhodos und die Beherrschung des östlichen Ägäisraums im Frühhellenismus

Christiane Braun (Trier): Die Verwaltung des makedonischen königlichen Gebiets in hellenistischer Zeit

Moderation: Patrick Reinard (Trier)

Christian Rollinger (Trier): Könige machen. Demetrios Poliorketes und das makedonische Königtum nach Alexander

Rebecca Kreßner (Trier): Großfamilien als Akteure in Wirtschaft und Gesellschaft am Beispiel der östlichen Adriaküste in hellenistischer Zeit

Frank Daubner (Trier): Latiner im hellenistischen Griechenland. Eine literarisch epigraphische Spurensuche

Moderation: Christian Rollinger (Trier)

Diego De Brasi (Trier): Epigramme, Lehrdichtung und Ironiesignale. Versuch einer Interpretation der Oinoskopika des Poseidipp von Pella

Patrick Reinard (Trier): Auf nach Indien? Überlegungen zum angeblichen Fluchtplan der Kleopatra aus papyrologischer Sicht

Schlusswort: Patrick Reinard (Trier)